Klimakonsens in der Wissenschaft (27.06.20)

Wissenschaft kennt kein Mehrheitsprinzip

In der Wissenschaft gilt im Gegensatz zur Politik nicht das Mehrheitsprinzip. Wenn eine Mehrheit von Wissenschaftlern eine bestimmte und meist auch gut begründete Meinung vertritt und alle Anhänger dieser Lehrmeinung sich weigern würden, alternative Theorien und widersprüchliche Forschungsergebnisse auch nur zur Kenntnis zu nehmen, würden wir heute noch im finsteren Mittelalter leben.
Zum Glück arbeitet der größte Teil der Wissenschaftler aber auch heute noch nach wissenschaftlichen Standards. Nur einige wenige nutzen ihre frühere wissenschaftliche Tätigkeit heute in ihrem aktuellen Beruf als Politiker, Journalisten oder Moderatoren von Fernsehsendungen, um dem Publikum Sachlichkeit, Kompetenz und Unvoreingenommenheit vorzugaukeln.
Seriöse Wissenschaft hat aber wie gesagt nichts mit Mehrheitsmeinungen zu tun, dafür gibt es viele historische Beispiele:

  • Obwohl schon der griechische Astronom Aristarch von Samos die Idee eines heliozentrischen Weltbildes entwickelte war die Mehrheit der Gelehrten im Mittelalter der Meinung, die Erde sei das Zentrum des Sonnensystems. Die Mehrheitsmeinung wurde eindeutig widerlegt.
  • Vor Charles Darwin war die Mehrheit der Wissenschaftler der Meinung, der Mensch sei von Gott geschaffen und die Krone der Schöpfung. Die Mehrheitsmeinung wurde eindeutig widerlegt.
  • Im Jahr 1874 wurde Max Planck, dem Begründer der Quantenphysik, von einem Physiker davon abgeraten, Physik zu studieren, da es nichts Wesentliches mehr zu erforschen gäbe. Die Mehrheitsmeinung wurde eindeutig widerlegt.
  • Anfang des 20. Jahrhunderts war die Mehrheit der Geologen der Meinung, Gebirge seien durch Schrumpfung der Erde entstanden und lehnten 1912 Alfred Wegeners Theorie der Kontinentaldrift strikt ab. Die Mehrheitsmeinung wurde eindeutig widerlegt.
  • Als Albert Einstein hörte, dass hundert Wissenschaftler seine Theorie ablehnten sagte er: „Ein einziger, der mir meinen Fehler zeigt, würde genügen.“

Albert Einstein hat das Prinzip der Wissenschaft in brillanter Weise auf den Punkt gebracht. Publizierte Forschungserkenntnisse können nicht deshalb als falsch gelten, weil sie der Mehrheit anderer Publikationen widersprechen. Sie können nur dann als falsch gelten, wenn sie von unabhängigen Forschern überprüft und widerlegt werden!

Die Aussage, ein hoher Prozentsatz von Wissenschaftlern sei der Meinung, der Mensch wäre für den aktuellen Klimawandel verantwortlich, ist wissenschaftlich nicht relevant und beweist oder widerlegt nichts! Eine genaue Definition, worüber ein Konsens besteht, gibt es nicht und willkürlichen Interpretationen ist damit leider Tür und Tor geöffnet.

Streitpunkt 97% Konsens-Studie von Cook

Häufig hört man in der Klimadiskussion, 97% aller Wissenschaftler würden eine vom Menschen verursachte globale Erwärmung bestätigen. Diese Aussage geht oft auf eine Studie von Cook et al. aus dem Jahr 2013 zurück.
Sie untersuchte 11.944 Veröffentlichungen zum Thema Klimawandel und deren Aussage zum Einfluss des Menschen auf das Klima (anthropogenic global warming, AGW). Dabei wurde festgestellt, dass rund 66,4% (ca. 7.970 Arbeiten) der Veröffentlichungen keine Aussage zum AGW machen, 32,6 % (ca. 3.910 Arbeiten) bestätigen einen Einfluss des Menschen und 0,7 % (84 Arbeiten) schließen einen Einfluss des Menschen aus.
Von den knapp 3.400 Arbeiten, die eine Aussage zum AGW machten, gehen tatsächlich über 97% von einem Einfluss des Menschen aus. Bezogen auf die Gesamtzahl der Studien, die sich alle mit dem Klimawandel beschäftigen, sind es nur 32,6%. Nur 41 (0,3%) der 12.000 Arbeiten haben sich dazu geäußert, wie groß der Einfluss des Menschen ist.

Wir können also zusammenfassen, dass von den Wissenschaftlern, die eine Aussage zum AGW machen, 97% der Meinung sind, dass der Mensch zum Klimawandel beiträgt.
Wir können daraus nicht ableiten, dass für die Mehrheit der Wissenschaftler der Einfluss des Menschen so selbstverständlich ist, dass sie eine Aussage dazu für überflüssig halten.

Wie fast nicht anders zu erwarten, gab es auch in diesem Fall Wissenschaftler, die Cooks Studie einer kritischen Prüfung unterzogen.
Nach Richard Tol ergab die Studie von Cook andere Ergebnisse, als frühere Studien. In den früheren Studien, die wie Cook nur Veröffentlichungen mit einer Aussage zum AGW berücksichtigen, reichte die Spanne von 47% (Bray et al. 2010) bis 100% (Oreskes 2004) Konsens. Frühere Studien, die auch Veröffentlichungen ohne Aussage zum AGW berücksichtigen, fanden einen Konsens zwischen 40% (Bray et al. 2010) und 96% (Carlton et al. 2015).
Einige Studien zum Thema "Klimakonsens" gingen in der Auswertung noch einen Schritt weiter und untersuchten Teilgruppen von Veröffentlichungen zum Thema AGW. Hier wurden z.B. Veröffentlichungen von Wissenschaftlern bestimmter Fachrichtungen in Gruppen zusammengefasst, da die Aussage eines Meteorologen sicher einen anderen Stellenwert hat, als die Aussage eines Wirtschaftswissenschaftlers. Die Auswertung der Teilgruppen brachte dabei teils deutliche Unterschiede. So fanden Doran et al. bei ihrer Gesamtauswertung 82% Konsens, bei der Auswertung der Teilgruppen aber zwischen 47% und 97%. Noch einmal ganz andere Werte ergeban sich nach Van der Linden - in der Gesamtauswertung fand er 66% Konsens, in den Teilgruppen zwischen 7% und 79%.
Die Kritik von Richard Tol blieb nicht unwidersprochen und Cook et al. bekräftigten ihre Ergebnisse in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2016 noch einmal.
In einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2019 (nicht peer reviewed) greift auch Richard Tol das Thema noch einmal auf und übt erneut methodische Kritik. Nach seiner Einschätzung werden Daten nicht mit ausreichender Sorgfalt analysiert und die Auswahl ausgewerteter Publikationen wird willkürlich eingeschränkt. 89% der Konsens-Studien kombinieren Schätzungen aus verschiedenen Studien und stimmen darin überein, dass menschliche Aktivitäten das Klima nach 1750 signifikant beeinflussten. 80% dieser Konsensstudien stimmen darin überein, dass der Mensch der wichtigste Treiber des Klimawandels war. 97% der Konsensstudien stimmen der Aussage zu, dass die menschliche Aktivität seit 1950 der wichtigste Faktor für den Klimawandel war, aber nur 80% waren anthropogene Treibhausgase.
Auch in einer Studie vom Mai 2020 sehen Janko et al. die Methode der bloßen Auswertung der Zusammenfassungen von Studien als nur schlecht geeignet an, um zu einer Konsensbewertung zu gelangen. Praktisch alle Veröffentlichungen, die aus der Auswertung von Studien einen Grad der Übereinstimmung ableiten wollen, bedienten sich aber dieser Methode. Nach Janko et al. ist die Rhetorik einer Publikation weitaus wichtiger, als es auf den ersten Blick erscheint. Wissenschaftler bevorzugen demnach eine neutrale Sprache und Redakteure interpretieren sie. Dabei lassen nach Janko et al. neutrale Zusammenfassungen und Veröffentlichungen mehr Interpretationsspielraum zu.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass je nach Auswahl der Quellen und je nach Art der Auswertung der Konsens unter Wissenschaftlern zum AGW zwischen 7% und 100% liegt.
Den viel zitierten Konsens "in der Wissenschaft", die Menschheit sei wegen der von ihr verursachten Kohledioxidemission für die globale Erwärmung verantwortlich, gibt es in dieser pauschalen Form nicht. Er ist Teil des Narrativs vieler unkritischen Medien, Politiker und Aktivisten.
Ein Konsens besteht darüber, dass es einen Klimawandel gibt, dass Kohlendioxid als Treibhausgas einen Einfluss auf das Klima hat und dass die Menschheit durch die Kohlendioxidemissionen den Treibhauseffekt verstärkt.

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